Anni ALBERS

Biographie

Anni Albers war eine Textilkünstlerin, Theoretikerin und Radiererin deutscher Herkunft, die später die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm. Ihr Werk revolutionierte die Kunst des Webens, indem sie es zu einer bedeutenden Kunstform im Rahmen des Modernismus erhob. Sie wurde am 12. Juni 1899 in Berlin als Annelise Else Frieda Fleischmann in eine gebildete jüdische bürgerliche Familie geboren und erhielt schon früh eine künstlerische Ausbildung. Sie studierte kurzzeitig an der Kunstgewerbeschule in Hamburg, bevor sie 1922 das berühmte Bauhaus in Weimar besuchte, eine avantgardistische Schule, die die Einheit von Kunst, Handwerk und Industrie propagierte.

Wie viele Frauen jener Zeit wurde sie in die Webereiwerkstatt verwiesen, die als „geeigneter“ für Frauen galt. Anstatt sich damit zufriedenzugeben, verwandelte sie diese Einschränkung in ein Feld radikaler künstlerischer Erkundung. Dort entwickelte sie eine modernistische Herangehensweise an Textilien, geprägt von geometrischer Strenge, Farbuntersuchung und dem Einsatz neuer Materialien, insbesondere industrieller Stoffe wie Zellophan und Nylon. 1925 heiratete sie Josef Albers, Maler und Lehrer am Bauhaus, mit dem sie ein künstlerisch eng verbundenes und inspirierendes Paar bildete.

Anni Albers wurde zu einer der zentralen Figuren des Bauhauses, besonders nach dessen Umzug nach Dessau. 1931 leitete sie kurzzeitig die Webereiwerkstatt. Nach dem Aufstieg des Nationalsozialismus und der Schließung des Bauhauses durch die Behörden emigrierten die Albers 1933 in die Vereinigten Staaten. Sie folgten einer Einladung an das Black Mountain College, eine progressive Schule in North Carolina, wo Josef Kunst unterrichtete und Anni das Textilprogramm gründete. Dieser Ort wurde zu einem bedeutenden Zentrum der amerikanischen Nachkriegskunst.

Im Laufe der Jahre setzte Anni Albers ihre Forschung über die Struktur von Stoffen, das Zusammenspiel von Materialien, Muster, Funktion und Abstraktion fort. Ihre textilen Werke, oft funktionale Objekte wie Vorhänge oder Wandbehänge, hatten auch eine ästhetische und poetische Dimension, die den Prinzipien der konkreten Kunst und der geometrischen Abstraktion entsprach. Sie ließ sich von präkolumbianischer Kunst inspirieren, insbesondere von peruanischen und mexikanischen Textilien, die sie auf zahlreichen Reisen nach Lateinamerika entdeckte.

1949 widmete ihr das Museum of Modern Art (MoMA) in New York eine Einzelausstellung – die erste überhaupt für eine Textilkünstlerin – als Anerkennung eines Mediums, das lange als Handwerk galt. Ab den 1950er Jahren wandte sie sich auch der Druckgrafik zu (insbesondere Aquatinta und Siebdruck) und setzte den Dialog zwischen Struktur und Abstraktion fort. Sie veröffentlichte mehrere Essays und wichtige Bücher, darunter On Weaving (1965), ein grundlegender Text über Philosophie und Praxis des Webens.

Anni Albers hatte einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Textilkunst, indem sie die Grenzen zwischen Kunst, Handwerk und Design neu definierte. Mit einem strengen, leuchtenden und intellektuellen Werk machte sie Textil zu einer eigenständigen künstlerischen Sprache. Sie ebnete auch einer Generation von Künstlerinnen den Weg, die nach künstlerischer Gleichstellung in zuvor gering geschätzten Medien strebten.

Die letzten Jahrzehnte ihres Lebens verbrachte sie in Orange, Connecticut, wo sie weiterhin schuf, schrieb und ausstellte. Sie starb 1994 im Alter von 94 Jahren.